Pfinsten 1955 an der Rigi, Vierwaldstätter See, Schweiz.

 

 

Zu Pfingsten 1955 erhielt der Günther- Groenhoff- Club eine aufregende Einladung. Der Schweizer Flieger Karl Suter, in Fachkreisen auch „Rigi- Hirsch“ genannt, ich erlebte ihn als echtes Schweizer Original, wollte mit Freunden eine Wiederholung früherer Schweizer Flugversuche an der Rigi- Kulm (1800 m Seehöhe) über dem Vierwaldstätter See durchführen. Wohl um dem Vorhaben einen internationalen Anstrich zu verleihen, lud er auch Flieger aus Deutschland ein. Ich kann mich nicht mehr erinnern, warum gerade an uns eine Einladung erging, aber zusammen mit einer Fluggruppe aus Fürstenfeldbruck und Heilbronn machten 3 Clubkollegen und ich uns mit unserem Spatz auf dem Anhänger für die Pfingstfeiertage 1955 auf den Weg zu den Eidgenossen. Insgesamt kamen 5 Segler zum Einsatz. Die Deutschen mit 3x Spatz und eine Mü 13E und der „Rigi Hirsch“ mit Spalinger S 16 II. Die Rigi Bergbahn mit Talstation in Arth- Goldau am Zuger See bot uns Teilnehmern den kostenlosen Transport der Flieger auf den Gipfel an. Der Gipfelbereich der Rigi ist ja kein ausgewiesenes Fluggelände und als solches eigentlich auch viel zu klein. So kam als Startart nur Gummiseil in Frage. Und da ja davon auszugehen war, dass eine Landung im Gipfelbereich nicht zu schaffen war, wurde unten im Tal die Rütliwiese(ca. 450 m Seehöhe) als offizieller Landeplatz ausgewiesen.

Leider war an diesen 2 Tagen das Flugwetter nicht gerade überragend, so das in erster Linie lediglich Hangwindflüge durchgeführt werden konnten. Am Pfingstmontag dann aber gelangen 2 Piloten Flüge von über 5 Stunden mit einer Startüberhöhung bis ca. 600 m. Der Pilot Quinten aus Fürstenfeldbruck war einer der Beiden und erhielt dafür sogar einen Wanderpreis, an dessen Bedeutung ich mich aber nicht mehr erinnern kann. Insgesamt wurden an den beiden Tagen immerhin in 16 Starts eine Gesamtflugzeit von ca. 22 ½ Stunden erzielt. 

Im Vordergrund stand für uns aber natürlich die Reise und das fliegerische Abenteuer in einer solchen Umgebung, dass zu dieser Zeit bestimmt als solches bezeichnet werden konnte. Ebenso das kameradschaftliche Zusammensein mit anderen deutschen und schweizer Segelflugenthusiasten. 10 Jahre nach Kriegsende war es für uns von großer Bedeutung wieder auf internationaler Ebene mit Gleichgesinnten zu fliegen. Wir übernachteten alle gemeinsam im Massenlager auf der Gipfelhütte. Zu der Veranstaltung ein bezeichnendes Zitat aus einem damaligen Schweizer Fachmagazin.:“...das während der beiden Feiertage reichlich auf der Rigi versammelte internationale Touristenpublikum verfolgte die Flüge des „deutschen Segelfluglagers“ mit sichtlichem Interesse....!“

Noch eine Besonderheit zum Gummiseilstart. Da auf dem Untergrund des Berggeländes ein fester Grip für die Haltemannschaft schwierig war, behalfen sich die Organisatoren mit einer Hilfskonstruktion. Anstelle der Haltemannschaft wurde ein fester Pflock in den Untergrund gerammt, an dem eine normale Schleppkupplung befestigt war. Am Sporn von unserem Spatz und den anderen deutschen Maschinen befestigten wir ein kurzes Stück Seil mit dem üblichen Ringpaar zum Einklinken in die Kupplung. So wurde nach dem Ausziehen des Gummiseils einfach am Pflock „ausgeklinkt“ und ab ging`s. Um auch noch die Startleistung der nur mit Kufen ausgerüsteten Flugzeugen zu optimieren, wurde eine mehrere Meter lange Holzschiene ausgelegt, die dick mit Schmierseife versehen wurde.

 

Im September 2013, also über 58 Jahre nach unserem Fliegerabenteuer in der Schweiz fand tatsächlich eine Wiederholung an gleicher Stelle statt. Der Schweizer Segelflieger und Oldtimerenthusiast Rene Stierli, Mitglied in der  Oldtimer Segelfug Vereinigung (OSV) Schweiz war offensichtlich auch durch meine Erzählung hier von der damaligen Aktion so begeistert, dass er es mit Flugzeugen dieser Zeit unter den gleichen Bedingungen (Gummiseilstart an der selben Stelle) wiederholen wollte. Mit viel Engagement holte er Genehmigungen ein und organisierte alles für diese Unternehmung notwendige. Dabei wurde er von vielen begeisterten Kameraden unterstützt. Über die gelungene Veranstaltung wurde ein Video zusammengestellt, dass Ihr hier findet:

 

 

 

Aber jetzt erst mal zurück in's Jahr 1955....

 

Bild 1) Unsere Spatz wird zum Transport auf die Bergbahn verladen

 

Bild 2) der Verladevorgang

 

Bild 3) Abfahrbereit in der Talstation, rechts das Leitwerk der Schweizer S 16 II

 

Bild 4) am Start die S 16 II, gut zu erkennen die hölzerne, mit Schmierseife versehene Startschiene

 

Bild 5) hier hebt sie ab, man erkennt das „zusammenschnurrende“ Gummiseil und links am Boden die „Startschiene“

 

Bild 6) ein weiterer Start des Schweizer Fliegers, auch hier gut zu erkennen die Startmannschaft, damals bezeichnet als „Gummihunde“

 

Bild 7) hier schnalle ich mich in unserem Spatz an....
 
 

Bild 8) ...und „zische“ davon. Auch hier abfallendes Gummiseil und „Gummihunde“ zu erkennen

 

Bild 9 und 10) ich schwebe hoch überm Vierwaldstätter See
 
 
 
Bild 10)
 
 
 
Bild 11) Hangfliegen im Gipfelbereich
 
 

Bild 12) der Mü 13 gelingt eine Gegenhanglandung im Startbereich am Gipfel

 

Bild 13 und 14) eine spektakuläre Landung legte einer meiner Clubkameraden mit unserem Spatz hin. Er hatte sich in dem Gelände verkalkuliert und konnte die offizielle Landewiese im Tal nicht mehr erreichen. So blieb ihm nur noch eine ziemlich steile Almwiese unterhalb des Gätterlipass. In Gegenhanglandung noch gänzlich unerfahren glückte ihm dennoch eine „bruchfreie“ Landung. Da der Landeort vom Startplatz nicht einzusehen war, hatten wir ihn aus den Augen verloren. Mit Bangen machten wir uns auf die Suche, Funk war ja noch nicht vorhanden. Als wir ihn nach einiger Zeit glücklicher Weise unbeschadet fanden, saß der Pilot noch immer im Cockpit, aus Angst er oder die Maschine könnten beim Aussteigen abrutschen.....!

 

Bild 14) die Rückholung gestaltete sich auch nicht ganz einfach. Zum einen das Abmontieren in dem steilen Gelände und dann der anschließende Transport der Teile per Hand im schwierigen Gelände über ca. 400- 500 m Strecke zum nächstmöglichen Platz an dem wir mit dem Transportanhänger gelangen konnten.

 

Bild 15) unser Gespann mit dem von mir selbst konstruierten Anhänger am Seeufer auf der Suche nach dem „Vermissten“. Links am Gehsteig ist einer meiner Kameraden zu sehen, wie er sich von Augenzeugen der Landung den Weg dorthin zeigen lässt.

 

Bild 16) am offiziellen Landeplatz im Tal waren immer schnell Interessierte dabei

 

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